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Spielbare Töne mit dem Alphorn

Der Tonumfang des Alphorns ist die sogenannte "Naturtonreihe" mit einem Tonumfang von 12 bis 16 Tönen pro Alphorn, je nach Stimmung verschieden. Grundsätzlich gilt: Je länger das Alphorn, desto mehr Töne sind spielbar!

Die Stimmung

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Die Stimmung oder der Grundton hängt von der Länge des Hornes ab. Kurze Hörner haben einen höheren Grundton als längere. Die Länge der Grundtonschallwelle ist also kürzer als in einem langen Horn. Das heisst, die Frequenz ist höher und es entsteht ein höherer Ton.

 

Auch die konische Form und der Becher haben einen Einfluss auf die Stimmung. Wenn man die Resonanzfrequenzen nur für das konische Rohr bestimmt, erhält man für die Obertöne keine ganzen Vielfachen der Grundfrequenz wie z.B. bei einem ideal dünnen Rohr (siehe Versuche mit einem Schlauch) mit konstantem Durchmesser. Es gibt eine Abweichung von der Naturtonreihe, andere nicht harmonische Intervalle entstehen. Bestimmt man die Resonanzfrequenzen des ganzen Alphorns (mit dem Becher), erhält man die harmonische Naturtonreihe. Dies bedeutet, dass durch den Becher die unharmonische Tonreihe zur harmonischen Naturtonreihe korrigiert wird. Dies wurde 1994 von Rolphe Fehlmann gemessen.

Die Naturtonreihe

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Mit dem Alphorn kann man verschiedene Töne blasen. Je nachdem wie stark man die Lippen vibrieren lässt, entsteht ein höherer oder tieferer Ton. Die Höhe des Tones hängt von der Frequenz, mit der die Lippen schwingen, ab. Hohe Frequenz bedeutet hohen Ton, tiefe Frequenz tiefen Ton. Betrachtet man nun die Wellen, so entstehen bei höherer Frequenz in einer gewissen Zeit mehr Wellenberge und –täler als bei einer tieferen Frequenz.

 

Im Alphorn sind es Druckstösse. Je schneller die Lippen vibrieren, desto mehr Druckstösse entstehen und desto höher wird der Ton. Nun entsteht aber nicht bei jeder Frequenz ein schöner Ton. Man kann nur die Töne der Naturtonreihe spielen, welche Resonanzfrequenzen des Alphorns sind.

 

Diese Reihe beginnt mit dem tiefsten Ton, dem Grundton. Es entsteht eine Welle mit zwei Unterdruckbäuchen an den beiden Enden und einem Druckknoten dazwischen. Beim nächst höheren Ton entstehen zwei Druckknoten. So geht es weiter, jeder nächste Ton hat einen Druckknoten mehr als der vorige. Das heisst, die Frequenz eines Tones ist ein Vielfaches der Frequenz des Grundtones. Diese Tonabfolge nennt man die harmonische Naturtonreihe.

 

Spielt man die Naturtonreihe, beginnt man mit dem Grundton, der zweite Ton ist eine Oktave höher, der nächste eine Quinte, dann eine Quarte usw. Diese Intervalle sind die Verhältnisse der Frequenzen von zwei verschieden hohen Tönen. Beim Spielen dieser Naturtonreihe hört man sofort, dass einige Töne ungewohnt tönen.

 

Der 7., 11. (beim Alphorn auch Alphornfa genannt) und 13. Naturton, erscheinen uns ein wenig zu hoch oder zu tief. Dies hat damit zu tun, dass unser Ohr an die temperierte Stimmung gewöhnt ist. Hier ist eine Oktave in 12 identische Halbtonintervalle unterteilt. Dies hat zur Folge, dass nur noch die Oktave ein reines Intervall ist. Alle anderen Intervalle haben eine kleine Abweichung von der Naturtonfrequenz.

 

Diese Abweichung spürt man vor allem, wenn man den 7., 11. oder 13. Naturton des Alphorns mit den entsprechenden temperierten Tönen eines Klaviers vergleicht. Die Töne sind leicht verschieden.

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​Das unverwechselbare Alphorn-Fa

Das Alphorn ist in seinem Klang ein reines Naturinstrument. In dieser Eigenschaft kommen die Naturtöne in wunderbarer Form zur Geltung. Der ganz besondere Ton ist das Alphorn-Fa. Es handelt sich um den 11. Ton in der Naturtonreihe (s. unten). Der Ausdruck „Fa“ kommt aus der Sprachtonleiter Do – Re – Mi – Fa – So – La – Si – Do. Es betrifft also den 4. Ton. Der 4. Ton in der C-Dur-Tonleiter ist das F. Auf dem Alphorn kann das F aber nicht gespielt werden. Will man den Ton zwischen E (Terz) und G (Quinte) spielen, so ertönt ein „Zwischenton“, der exakt zwischen E und G liegt. Dieser Zwischenton bezeichnet man auf dem Alphorn „Fa“. Grenzt man die Mitte zwischen E und G genauer ein, so kann man feststellen, dass das Alphorn-Fa zwischen dem F (Quarte) und dem Fis (Tritonus) liegt. Mit anderen Worten: Das Alphorn-Fa ist weder ein F noch ein Fis.

Das Alphorn-Fa hat einen besonderen Reiz. In der Vergangenheit wurde das Alphorn-Fa vom Schweizerischen Jodlerverband lange geächtet, zumindest „als unerwünschter Ton“ (sonus non gratus) bezeichnet. An den Wettspielen in der Schweiz für Alphorn wurde das Alphorn-Fa konsequent missbilligt. Alfred Leonz Gassmann (s. unten) setzte in seinen Kompositionen sowohl das Alphorn-Fa als auch das B ein. Damit verpasste er den Alphornweisen eine neue Ausdruckskraft, die in geeigneter Form einen besonderen Reiz auslöst. Heute gibt es bald kaum noch Kompositionen, die nicht das Alphorn-Fa einbeziehen.

Wer in der Blasmusik die Grundausbildung erlebt hat, tut sich mit dem ungewöhnlichen Alphorn-Fa schwer. Der Grund liegt darin, dass dieses Alphorn-Fa aus der diatonischen Ton „fällt“. Es lohnt sich mal ein Versuch über längere Zeit zu machen: Spiele über längere Zeit nicht auf dem Alphorn, sondern „nur“ auf der Trompete, dem Flügelhorn oder der Posaune. Wechsle dann zum Alphorn und spiele die Naturtonleiter. Du wirst feststellen, dass Du Dich enorm schwer tust, bist Du Dich mit den Lippen und mit dem Gehör wieder an das wohlklingende Alphorn-Fa gewöhnt hast. Viele Zuhörer – insbesondere aus den Blasmusikkreisen – meinen gar, dass der Alphornbläser einen falschen Ton spielen würde. Wer Alphornbläserin oder Alphornbläser ist, weiss bald, welche Ausdruckskraft in diesem Alphorn-Fa steckt. Im Wortschatz der Alphornisten spricht man bewusst vom „Alphorn-Fa“. Sie haben sich diesen Naturton beinahe zu eigen gemacht.

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